Sonntag, 21. November 2010

Auflösung Preisrätsel

“Caelum, non animum mutant, qui trans mare recurrunt.” lautet ein Spruch von Horaz und wir baten um eine Übersetzung. Die interessanteste sollte mit einem Preis belohnt werden. Die Auswahl fiel uns nicht leicht und deshalb…

…Tusch…

…Tusch…

…Tusch… 

… präsentieren wir gleich fünf Gewinner:


“He who crosses the sea, changes the sky above his head, but not his soul.”
Jyll C.


“Wer übers Meer eilt, wechselt die Gegend, nicht seine Stimmung.”
Georg S.


„Sie ändern das Klima, nicht den Menschen, diejenigen, die über das Meer zurückkommen.“
Claudia K.


„Selbst Reisende über das Meer, bemerkt der weise Horaz, wechseln den Ort nur, nicht den Charakter.“
Frank W.


“Für den salzigen Berliner bleibt alles so wie es ist, nur ohne Handschuhe und Haube.“
Emil G.


Danke für die Geduld!

Mittwoch, 7. April 2010

Christian Girls Association



Bei der Christian Girls Association werden wir von geballter Frauenpower empfangen.



Hoda Gad El Rab, Lucy, Mary Tadros, Madila Marzouk

Neben der Leiterin des Studentenheims für Mädchen erwarten uns auch einige weibliche Mitglieder des Vorstandes, darunter die Präsidentin des National Board des YWCA Ägypten und drei junge Frauen, Basma, Dina und Noha, die die Sommercamps für Mädchen leiten. Bassma ist überdies als jüngste Frau seit kurzem Mitglied im National Board.



Dina, Fouad, Noha, Basma

Sie erzählen uns höchst lebendig von der Geschichte der Mädchen – Sommercamps in Alexandria. Landesweit sind mittlerweile ca. 20 CampleiterInnen im Einsatz.

Das Angebot richtet sich an Mittelschichtfamilien, es nehmen auch Muslimas teil, die das Kopftuch tragen, aber Religion ist nicht das vorherrschende Thema.
Die jungen Mädchen sollen in der Gemeinschaft in erster Linie ihr Selbstbewusstsein stärken, um später auch Führungsaufgaben gewachsen zu sein.
Spiel und Spaß wirken so nachhaltig und vertrauenbildend. dass viele der teilnehmenden Mädchen später auch ihre eigenen Kinder in die Sommerlager schicken.

Das YWCA bietet aber natürlich auch für Einkommensschwache und Benachteiligte Aktivitäten an so z.B. für Waisenkinder und Behinderte.
In Asiut und Minya werden besonders die Frauen angesprochen über Kindergärten, eine Bibliothek, Gesundheitsberatung und Minikredite zur Generierung von Einkommen. Frau Dr. Kanawati berichtet ausführlich über die AIDS – Aufklärungskampagne, die das YWCA in dieser Region neuerdings auch betreibt.



Christiane Wohlhaupter, Schwäbische Zeitung; Dr. Marlene Kanawati, YWCA

Die Verbindung von aus jahrzehntelanger Erfahrung gespeister Förderung der Mittelschicht mit dem großen Einsatz für die Benachteiligten der ägyptischen Gesellschaft scheint ein erfolgreiches Konzept für dieses von Gegensätzen geprägte Land zu sein.




Im YWCA in Kairo geben die Frauen den Ton an und der Erfolg gibt ihnen Recht.



Dienstag, 6. April 2010

Zeitungsmacher und Präsidenten






Kamal Amer, Rose El-Youssef;
Paravent „Zeitungsmacher“


Der Besuch der Redaktion von Rose El Youssef führte zu unserer Bekanntschaft mit Shahenda ElBagoury, der ersten jungen berufstätigen Muslima mit Kopftuch, der wir bei unseren offiziellen Treffen begegneten. Nur Rania Samy, die Organisatorin unseres Programms vom National Council for Youth, war ebenfalls verschleiert.


Nail, Shahenda ElBagoury, Christine, Gabi

Shahenda ElBagoury ist nach ihrem Studienabschluß noch ganz neu in der Redaktion. Sie arbeitet für die Jugendausgabe der Rose El Youssef mit dem Titel Sabah El Kheir. Im aktuellen Heft findet sich ein Artikel von ihr, der sich mit der schwierigen Lage der Krankenhäuser in Ägypten befasst.

Rose El Youssef wurde im 19. Jahrhundert von einer Frau gegründet, die aus dem Libanon nach Kairo eingewandert war. Der kleine historische Abriß über die Geschichte der Zeitung, mit dem uns die Redaktion beschenkte, schien von einem liberaleren Klima in Ägypten zu zeugen.


Karam Gabr, Mohammed Abd-Annur

Die Gründerin hätte es im Jahr 2010 in ihrer Rolle als Muse und Künstlerin, die sich auch in gewagten Posen abbilden ließ, wahrscheinlich schwer.
Die Zeitung befindet sich heute in Staatsbesitz und ist bekannt dafür, sich hin und wieder Scharmützel mit Vertretern der Muslimbruderschaft zu liefern.


Paravent „Präsidenten“


Das ägyptische Fatwa-Amt


Der nächste Termin führte uns zu Dr. Ibrahim Negm, dem Pressesprecher des Grand Mufti von Ägypten. Vor Beginn des Gespräches wurde von den weiblichen Besucherinnen die Verhüllung der Haare erbeten.



Achmad, Gabi, Christine, Christiane


Die zweithöchste religiöse Funktion in Ägypten nach dem Sheik der al – Azhar obliegt zur Zeit Dr. Ali Gomaa, der im Jahre 2003 von Präsident Mubarak zum Grand Mufti ernannt wurde. Er steht dem Dar al – Ifta´ vor, einer der wichtigsten Institutionen für religiösen Rat in der arabischen Welt.

Nach einem Bachelor of Commerce an der Ain Shams Universität widmete Dr. Al Gomaa seine Studien dem Islam und erwarb einen Doktor der Kairoer Al – Azhar Universität in islamischem Recht. Sein akademischer Hintergrund ist allerdings nur eines der Kriterien, die für seine Position nötig sind.
Die zweite Voraussetzung ist die langjährige praktische Auseinandersetzung mit Ethik und Werten des Islam im Leben der Menschen. Erst wenn beide Bedingungen erfüllt sind, kann ein Gelehrter wie Dr. Gomaa religiösen Rat in der Form von Fatwas erteilen. Die Fatwas dienen der Orientierung der Muslime, sind aber nicht verbindlich.

Dr. Ibrahim Negm betont, dass Dr Gomaa bekannt ist für seine gemäßigten Ansichten und dass er auch als scharfer Kritiker extremistischer Ideologien gilt.


Dr. Ibrahim Negm
Press counsellor of Dar al Ifta´

Dr. Negm hat in Amerika studiert, seine Präsentation für uns ist genauso professionell wie der Vortrag eines Pressesprechers eines multinationalen Unternehmens.

Jeder Muslim kann sich mit einer Frage an das Dar al – Ifta´ wenden. Es geht dabei meist um familiäre Probleme, Erbschaftsfragen, nachbarschaftliche Beziehungen und bei jungen Menschen auch oft um Fragen zu den Geschlechterbeziehungen. In vielen Fällen verhindert die Beratung eine gerichtliche Auseinandersetzung.

Im ägyptischen Fatwa-Amt arbeiten 35 Mitarbeiter, die sich nur der Beantwortung der Anfragen widmen. Die Einrichtung wird staatlich finanziert. Zu Beginn der Fatwa-Erteilung (die Gründung erfolgte 1895), war es üblich, dass die Streitparteien geschlossen vor dem Mufti erscheinen. So konnte die Fatwa allen Beteiligten direkt vermittelt werden.

Heute kann diese persönlich, per Post, Fax oder E-Mail oder auch telefonisch erfolgen. Viele Muslime leben ja auch in der Emigration.
Der Rat ist immer kostenfrei. In 95 % der Fälle handelt sich um wiederkehrende Fragen und Probleme, so dass die Beratung sehr schnell möglich ist. 5 % der Fragen müssen an das research council weitergeleitet werden und dauern dann länger. Bei der Beantwortung der Fragen sollen landesspezifische Eigenheiten und der jeweilige rechtliche Rahmen des Landes berücksichtigt werden.

Das Call Center wurde 2005 eingerichtet. Neben Arabisch, wird auch Englisch, Französisch und Deutsch gesprochen. Zwei Deutsch sprechende Mitarbeiter nehmen telefonisch täglich etwa 15 Anfragen entgegen.
Insgesamt sollen monatlich mittlerweile insgesamt etwa 40.000 Anfragen eingehen.

Die Homepage von Dar al – Ifta´ ist z. Zt. achtsprachig gestaltet.

Montag, 5. April 2010

Makrobetrachtung 3 - Dr. Eddin Helal





Dr. Eddin Helal
Prof. of political science, Cairo
Minister of Youth, 1999 – 2004

Die aktuelle Funktion von Dr. Helal ist Secretary of Information der National Democratic Party. Außerdem unterrichtet er politische Wissenschaften an der Universität Kairo.

Professor Helal erläutert die schwierigen Rahmenbedingungen für Jugendarbeit in Ägypten.
Wie auch schon in den Gesprächen mit Dr Kharboush oder Dr. Hejazy werden Bevölkerungswachstum, Armut, Arbeitslosigkeit, Defizite im Bildungssystem und zu geringe Beteiligung von Jugendlichen an allen gesellschaftlichen Prozessen als die wichtigsten Problemfelder genannt.

Das hohe Bevölkerungswachstum (1/3 der Bevölkerung unter 15 Jahren), der diesem Ansturm nicht gewachsene Arbeitsmarkt und die daraus resultierende Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen (55% der Arbeitslosen sind zwischen 14 bis 24 Jahre alt) führen zu Politikverdrossenheit bei jungen Menschen.

Für das festzustellende „islamic revival“ benennt Dr. Helal mehrere Ursachen. Die unter Sadat begonnene Friedenspolitik mit Israel wird immer noch als Verrat an den islamischen Werten betrachtet. „Double standards“ der Politik Europas und der USA besonders in Hinblick auf den Palästinakonflikt werden als ungerecht empfunden und begünstigen somit das „islamic revival“ ebenso wie allgemeine Demokratiedefizite.




Christine Auerbach, Bayerischer Rundfunk; Dr. Eddin Helal; Nail al Saidi, DRadio Wissen;

Investitionen in das defizitäre Schulsystem und das Einfordern des Gleichheitsgebotes aus Artikel 9 der ägyptischen Verfassung sind neben einer erfolgreichen Familienplanung unabdingbar für die Zukunft des Landes. Er benennt den Iran als Beispiel. Hier haben sich die Bildungsinvestitionen der letzten 20 Jahre unmittelbar positiv auf das Bevölkerungswachstum ausgewirkt.

Zuletzt verweist Professor Helal noch auf das von der Uno ausgerufene Jahr der Jugend, das im August 2010 beginnt und entlässt uns wieder in das Gewühl auf die Straßen Kairos.

Caritas Alexandria



Mr. Bahgat Moris Salib von der Caritas empfing uns herzlich.



Mr. Bahgat Moris Salib, Projektmanager Caritas Alexandria


Seit der Gründung 1967 nach dem Sechstagekrieg bietet die Caritas in Ägypten Menschen unabhängig von ihrer Religion Hilfe an. Das ist bis zum heutigen Tag so geblieben, die Caritas betreut Muslime und Christen im ungefähr gleichen Verhältnis wie sie auch in der Gesellschaft vorkommen.
Sie ist beim Ministry of Social Solidarity als NGO registriert und arbeitet sowohl mit staatlichen Stellen als auch mit anderen NGOs eng zusammen. Den Vorstand bilden acht nicht kirchliche Mitglieder, ein katholischer Bischof und drei Pater.

Es gibt die Programmschwerpunkte Nothilfe (z.B. Transferprojekte, die dazu dienen, Menschen in eigens für sie errichtete neue Wohngebiete umzusiedeln; Betreuung von Flüchtlingen), Gesundheit (z. B. AIDS – Aufklärung, Suchtbekämpfung) und Entwicklung (z.B. Mikrokreditvermittlung, Betreuung von Straßenkindern, Empowerment von Frauen).
Der vierte Programmschwerpunkt Bildung enthält u. a. Alphabetisierungsprojekte und Aufklärungskampagnen, die den Gesundheitsbereich betreffen.



Frauen in ländlichen Gegenden werden am besten über Women Clubs erreicht.
Diese Treffpunkte, wo sich Frauen und ihre Kinder regelmäßig einfinden, gibt es derzeit in elf Dörfern. Hier wird auch das Problem der Beschneidung der Mädchen thematisiert und bekämpft.
Obwohl es seit 1997 bei Strafe verboten ist, einen solchen Eingriff durchzuführen, ist diese Praxis noch weit verbreitet. 78 % der Mädchen (Alter 11 – 19 Jahre) sollen laut einem UNHCR Bericht aus dem Jahr 2001 beschnitten worden sein. 10 Jahre später dürfte laut unserem Gesprächspartner diese Zahl immer noch bei 66 % liegen.
Es gibt übrigens keinerlei religiöse Richtlinien, die dazu raten, sondern Beschneidungen werden bei Muslimen und koptischen Christen gleichermaßen aus traditionellen Gründen durchgeführt.

Caritas Ägypten

Bibliotheca Alexandria

Vor dem Besuch der Caritas Ägypten in Alexandria konnten wir kurz die 2002 neu eröffnete Bibliotheca Alexandria besichtigen.









Alle Infos zur Bibliothek, den Museen, dem Konferenzzentrum und den zahlreichen übrigen Aktivitäten gibt es hier: Bibliotheca Alexandria 

Sonntag, 4. April 2010

Makrobetrachtung 2 - Al Ahram / Mr. Osama Saraya

„Ach, unser Anzeigenverkauf ist doch so erfolgreich. Würden die Unternehmen in unserer Zeitung für sich in diesem Umfang werben, wenn wir nicht genügend jugendliche Leser hätten?“

Mit einer Gegenfrage beantwortet der Chefredakteur von Al – Ahram, der auflagenstärksten Zeitung im arabischen Raum, die Frage nach der Anzahl der jungen Leser der sich in Staatsbesitz befindlichen Tageszeitung.

Auch Genderfragen interessieren ihn nicht. Der weibliche Anteil seiner Belegschaft?
Diese Zahl ist nicht wichtig.

Die großen Fragen, die ihn in diesen Tagen beschäftigen und über die er gerne referiert sind der Konflikt mit Israel und die „Spekulationen“ um die Gesundheit des Präsidenten.

Er holt persönlich ein gerahmtes Bild aus seinem Büro.
Dieses Bild zeigt Hosni Mubarak nach gelungener Operation in Heidelberg lesend in der vom Vortag stammenden deutschen Ausgabe der Al – Ahram.
Besonders stolz ist Herr Saraya darauf, dass die Zeitung wegen der Produktion dieser deutschen Ausgabe den Präsidenten so schnell erreicht hat. Auf ein Exemplar der Kairoer Ausgabe hätte er viel länger warten müssen.


Mubarak in Heidelberg
(Foto wurde von Herrn Saraya zur Verfügung gestellt)


Herr Saraya betont, dass die Stabilität Ägyptens trotz der nicht geregelten Nachfolge des Präsidenten ungefährdet ist. Dies betonten alle regierungsnahen Vertreter mit denen wir sprachen.
Allerdings war er der Einzige, der andeutet, dass kurzfristig das Militär einen Übergangsvertreter stellen wird.

The President's Man

Samstag, 3. April 2010

Makrobetrachtung 1 - Dr. Abdel Aziz Hejazy




Dr. Abdel Aziz Hejazy
Head of the General Federation of National Societies

Dr. Hejazy (geboren 1923) ist eine bedeutende Person der Zeitgeschichte. In seinem noblen Büro über den Dächern Kairos ist er immer noch sehr aktiv.

Nach dem für Ägypten traumatischen Sechstagekrieg (5. Juni bis 10. Juni 1967) trat der Wirtschaftswissenschafter als Finanzminister 1968 in die Regierung Nasser ein. Das Militär büßte nach dem verlorenen Krieg erheblich an Einfluss ein und musste hinter Repräsentanten der Zivilgesellschaft in die zweite Reihe zurückweichen.





Nach Nassers Tod 1970 blieb er weiter Regierungsmitglied unter  Präsident Sadat; von September 1974 an als Premierminister. 



Rückeroberung des Ostufers des Suezkanals im Oktoberkrieg 1973






Im April 1975 zog er sich aus der Politik zurück als es zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen ihm als Premier und dem Innenministerium kam und unterrichtete wieder als Hochschulprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der Ain Shams Universität in Kairo.


Präsidentenreihe Ägyptens


Heute ist er Head of the General Federation of National Societies. Dieses für NGOs zuständige Gremium wird bisher zu weiten Teilen von der Regierung ernannt.

Dr. Hejazy, der Wert darauf legt, dass er nie Mitglied der Nationalen Demokratischen Partei war, will die Rahmengesetzgebung für NGOs verbessern.

In der nächsten Legislaturperiode  erwartet er Neuerungen für die 26.000 NGOs, die es zur Zeit in Ägypten geben soll; z.B. soll das Board of the General Federation of National Societies künftig von den NGOs selbst gewählt werden.
Es soll Mindeststandards für die Zulassung (verpflichtende Mitgliedschaft, Gebühr 100 EGP) und auch eine für alle Projekte verbindliche Evaluation geben, wozu  ein einheitliches von ihm  mitgestaltetes  Nachweissystem zählen wird.
Im Herbst 2010 will er seine Gesetzesinitiative in der Nationalversammlung zur Abstimmung einbringen..

Vom Ausland finanzierte NGOs sieht er kritisch, dies fördere Einflussnahme und Korruption.
Dr. Hejazy kündigt an, dass einige der bereits bestehenden NGOs aufgelöst werden müssen, wenn sie den neuen Kriterien nicht entsprechen.
Ein Trainingszentrum, in dem Kenntnisse von und für NGOs vermittelt werden, ist bereits mit Hilfe von Geldern der Europäischen Union und aus Kanada eingerichtet worden.

Dass diese geplanten Änderungen der Rahmenbedingungen durchaus nicht von allen als Fortschritt bewertet werden, zeigt z. B. der Blogger „The Arabist“ unter „Egypt: Dark days ahead for NGOs


Mittwoch, 31. März 2010

Agents of change – Die Kinder von Alwan wa Awtar

Im Jahr 2002 erleichterte der Gesetzgeber die Gründung von NGOs in Ägypten. Im Zuge des Booms an Neugründungen ist auch Alwan wa Awtar 2005 entstanden, ein Projekt, das sich mit Kindern und Jugendlichen von Mokattam befasst.



Ali, Ibrahim, Ahmad

Nach einem schweren Erdbeben im Jahre 1992 wurden viele Familien aus Mokattam aus ihrem bisherigen Umfeld in neuerrichtete Häuser der Regierung umgesiedelt. Die Menschen, die als ihre Lebensgrundlage den Müll von Kairo verwerteten, waren nach ihrer Umsiedlung zusätzlich zu allen Überlebensproblemen auch noch entwurzelt und konnten über die Jahre nie eine Beziehung zu „ihrem“ neuen Stadtteil aufbauen. In diesem Zusammenhang fiel das besonders schwere Los der Kinder aus diesen Familien auf.

Azza Kamel, die ein Mikrokreditprojekt für Frauen in Mokkatam leitete, ging daran, für diese Kinder etwas zum Guten zu bewegen.


Azza Kamel
Executive Director, Alwan wa Awtar

In einer der von der Regierung bereitgestellten Wohnungen begann Alwan wa Awtar mit ca. 30 Kindern zu arbeiten. Die Skepsis der Eltern war groß.



Angeboten wurden zunächst einige wenige künstlerische Aktivitäten unter der Anleitung von Instruktoren.
Heute gibt es 18 Angebote. Theaterworkshops und die Beschäftigung mit Musik(instrumenten) sind ebenso dabei, wie Häkeln, Stricken, Origami oder PC- oder Englischkurse. Ziel ist nicht Perfektion. Und die Kinder und Jugendlichen sind mit Freude und Begeisterung dabei.





Auch die Eltern haben in der Zwischenzeit ihre Zurückhaltung überwunden. Die scheinbar „nutzlose“ Beschäftigung mit Kunst hat nämlich dazu geführt, dass die jugendlichen Teilnehmer sowohl in der Schule als auch in ihrer Familie als reifer und konzentrierter wahrgenommen werden.



Ali mit Christine im Interview


Die Strategie, den jungen Menschen Selbstbewusstsein über künstlerische Entfaltung zu vermitteln, zeitigt erstaunliche Erfolge und die Hoffnung von Azza Kamel, dass „ihre“ Kinder als „agents of change“ in ihrer community wirken werden, ist sicher realistisch. Mittlerweile kommen auch die Mütter in die angeschlossene Bibliothek zu Lese- und Filmabenden.



Nail und Christine im Interview mit Azza Kamel

Die Überzeugungskraft von Azza Kamel und ihre Leidenschaft für die Anliegen der Kinder sind ansteckend. Die Zahl der in der Einrichtung geförderten jungen Menschern ist mittlerweile auf 400 gestiegen.

Dienstag, 30. März 2010

Youth Bishop Moussa

(Ober)ägypten ist nicht frei von Spannungen zwischen Muslimen und Kopten.
Erst zum letzten Weihnachtsfest der Kopten gab es einen Anschlag in der Provinz Quena vor einer koptischen Kirche, bei dem sechs Kopten und ein muslimischer Wächter ihr Leben verloren (Siehe Artikel in: Al – Ahram Weekly vom 25.3. – 31.3.2010, S. 3).

Einen besonders warmherzigen Empfang erfuhren wir beim dritten Termin an diesem Tag bei dem koptischen Bischof Moussa, der auch den Titel „Pope of Youth“ trägt.
Dass er an den Kontakt mit jungen Menschen sehr gewöhnt ist, zeigte uns schon die Menge an Naschwerk, die liebevoll auf dem Tisch in seinem Empfangsraum drapiert war.



Nail al Saidi, DRadio Wissen; Christiane Wohlhaupter, Schwäbische Zeitung (vorne); Christine Auerbach, Bayerischer Rundfunk; Bischof Moussa; Achmad Abdelmonem, AKE-Bildungswerk e.V.; Klaus Komatz und Gabriele Sauermoser-Komatz, Archiv der Jugendkulturen e. V.

Auf dem Gelände der koptischen Kirche des heiligen Markus kann er nicht einfach seiner Wege gehen, weil ihn ständig Jugendliche aufhalten, die ihm unbedingt etwas erzählen müssen. Überhaupt war der großzügig angelegt Kirchplatz an diesem Sonntag voll mit jungen Menschen, die in Grüppchen beieinander standen und sich sichtlich gut unterhielten.




Bischof Moussa zeigte sich als ein großer Freund der Ökumene und betonte wie sehr er sich für die friedliche Koexistenz mit anderen Religionen speziell aber mit dem Islam einsetzt.
Sein kleiner historischer Abriss, dass „koptisch“ ursprünglich „ägyptisch“ hieß, war interessant. Eigentlich gibt es in Ägypten also nur christliche und muslimische Kopten (= Ägypter).




Bischof Moussa

Allerdings finden sich in seinen Schriften, die sich speziell an Jugendliche wenden, klare Richtlinien, dass man zwar freundlich mit den Andersgläubigen sein, sich aber nur mit Menschen innerhalb der eigenen Kirche wirklich befreunden sollte (Bischoff Moussa, Broschüre Youth Concerns, S.33 und 34).



Bischof Moussa

Schwester Catherine, eine sehr selbstbewusste und zugängliche Frau, machte uns mit den verschiedenen Einrichtungen auf dem Gelände bekannt.


Interview mit Schwester Catherine

Es gibt neben den Kirchen auch ein umfangreiches Archiv sowie ein Gebäude für die Ausbildung von koptischen Priestern. Viele davon stammen aus Oberägypten und werden nach ihrer Ausbildung auch dahin zurückkehren.

Aljazera Ideal Youth Center



Der Leiter des Centers Mohamed Swailam, ein ehemaliger Hockey – Spieler der ägyptischen Nationalmannschaft, erklärte und zeigte uns die Anlage. Die Jugendlichen zahlen einen Mitgliedsbeitrag und verbringen je nach Leidenschaft Zeit auf den Sportplätzen.
Es geht natürlich auch um Talentsuche, aber nicht darum Spitzensportler auszubilden. Jedenfalls wurde unter der Leitung von Mohamed Swailam in den vergangenen Jahren die Mitgliederzahl stark gesteigert.

Das Clubleben nach englischem Vorbild erfreut sich in Ägypten ohnehin größter Beliebtheit, wie an dem berühmten Al Ahly Club (Fussball) zu sehen ist, dessen Mitgliedsbeiträge astronomisch hoch sind und der trotzdem immer gut besucht ist.
In diesen Clubs wird die Basis für das Berufsleben gelegt. Ein gutes Netzwerk ist in Ägypten besonders wichtig.


Neben dem für uns ungewöhnlichen Boxring im Freien, sahen wir Fußballfelder, Hockeyfelder, eine Pferderennbahn und ein geradezu mondän anmutendes Schwimmbecken, das völlig ohne Gebrauchsspuren offensichtlich noch der Beschlagnahme durch Jugendliche harrt.


Mohamed Swailam, Aljazera Ideal Youth Center; Achmad Abdelmonem, AKE-Bildungswerk e.V. Vlotho

Mohamed Swailam ließ uns wissen, dass er ab Mai eine noch anspruchsvollere Tätigkeit übernehmen wird. Er ist dann für die Evaluierung aller 70 Youth Center in Kairo verantwortlich. Insgesamt soll es laut Herrn Swailam 1400 Youth Center in Ägypten geben.

Jugendarbeit in Ägypten

Das Thema der letzten Woche war „Jugend(sozial)arbeit in Ägypten“. Wir nahmen an einer Veranstaltung des Pressenetzwerk für Jugendthemen e.V. mit Sitz in Bonn teil. Dieses lädt Fachkräfte der Jugendhilfe und Journalisten zu Informationsreisen ein, die jeweils unter einem Themenschwerpunkt stehen.

Der „rote Faden“ der Reisen ist immer das Thema Jugend. Gemeinsam informieren sich die Teilnehmenden vor Ort in Projekten und Institutionen. Ihre Erfahrungen verbreiten sie anschließend in ihren Medien und Jugendeinrichtungen. Dieser Austausch findet seit ca. seit 20 Jahren auf Gegenseitigkeit statt.

Ungefähr genauso lang fungiert Dr. Mohamed Rashed als Dolmetscher und Mittler zwischen den Kulturen.


Dr. Mohamed Rashed, Universität Mainz

Der gebürtige Ägypter lebt in Frankfurt, arbeitet als Hochschullehrer für Orientalistik und ist wegen seiner interkulturellen Kompetenz wie kein zweiter geeignet, landeskundliche gesellschaftspolitische Fragen in Bezug auf Ägypten zu beantworten.

Die Partnerorganisation bei Reisen nach Ägypten ist das National Council for Youth.



Rania Samy, National Council for Youth


Dr. Mohamed Safi Eddin Kharboush begrüßte die Delegation.



Dr. Mohamed Safi Eddin Kharboush
Chairman of the National Council for Youth

Das wartende Fernsehteam bezogen wir zu Beginn gar nicht auf uns.
Als es allerdings nach Interviewwilligen aus unserer Gruppe verlangte, wurde uns klar, dass der Austausch mit Deutschland in Ägypten sehr ernst genommen wird.
Die ebenfalls anwesenden Fotografen wurden nicht müde, uns zu fotografieren und prompt fanden wir uns später auch in den beiden Zeitungen Al – Ahram Weekly und Rose el Youssef wieder.

Nach unserer Vorstellung und der Beschreibung unserer beruflichen Aufgaben erhielten wir alle ein Geschenk…


Nail al Saidi, DRadio Wissen; Dr. Kharboush; Rania Samy

… und dann wurden wir von Mohamed Ibrahim Khalil, dem Fahrer, der uns vom National Council for Youth für diese Woche zur Verfügung gestellt wurde, zu unserem nächsten Termin gefahren.

Preisrätsel 2010 (Teil 2)

Es gingen schon zahlreiche Übersetzungsvorschläge für das Horazzitat ein.

Aber es gibt noch eine zweite Möglichkeit sich zu beteiligen. Wir haben die Benennung der Meeresbewohner noch nicht durchgeführt. Sendet uns den lateinischen Namen der Muräne im Blogteil „Krake, Krokodilfisch & Co. (Teil 6)“! Auch dafür gibt es noch einen schönen Preis.

Freitag, 26. März 2010

El Nadwa – Ein Kaffeehaus in Kairo

Wenn man in islamischen Ländern lebt, wirkt das Fremde umso vertrauter, je länger man in ihm verweilt. Mit wachsender Entfernung zu den Gewissheiten Europas schlägt die Angst vor dem Verdrängten um in Faszination.
Die Zeit verliert sich in der orientalischen Altstadt, der Medina.
Das Licht, die Schatten, die mediterranen Farben. Die Hitze, die Gerüche. Vergessen die Rationalität, das Zielgerichtete, das Bewusste.
Man sitzt im Café und lauscht in die vielfältige Geräuschkulisse.

Michael Lüders, Ein nützliches Feindbild; in: KULTURAUSTAUSCH – Zeitschrift für internationale Perspektiven, Ausgabe II / 2009, S. 65



Ashur





 Achmed Bogy






Saeed Aly

Koushari

Zurück in Kairo.

Das Nationalgericht der Ägypter ist schnell zu haben und immer frisch.
In jeder belebten Straße braucht man nicht lange zu suchen, um in den Auslagen auf die charakteristischen Töpfe gefüllt mit Nudeln, Linsen, Reis, Kichererbsen und gerösteten Zwiebeln zu stoßen.


Schnell rein in den Laden und entweder für 2, 3 oder 4 ägyptische Pfund Koushari bestellen.
Man erhält eine Metallschüssel in der entsprechenden Größe und dazu ein kleines Schüsselchen mit heißer Tomatensauce.


 Auf den Tischen gibt es dann noch zwei verschiedene Gewürzsaucen, einmal Öl mit scharfen Gewürzen und einmal Essig mit Knoblauch. Dazu ein Löffel und der hungrige Gast kann loslegen.
Es schmeckt wunderbar und die Ägypter finden das offensichtlich auch, denn sie nutzen diese kleinen Lokale sehr rege.
Selbstverständlich gibt es dieses „fast food“ auch zum Mitnehmen, denn besonders die Ägypterinnen essen immer noch nicht gerne in der Öffentlichkeit.

Und alle Ägypter freuen sich, wenn es den Fremden schmeckt.

Bil hana we shifa!