Sonntag, 27. Januar 2008

Hamburger kontra Felafel


In Deutschland kehren viele junge Menschen dem Fleischkonsum den Rücken, weil sie das Elend, das in manchen Tierproduktionen und Fleischfabriken herrscht nicht mehr mit ihrem Konsumverhalten unterstützen wollen. Andere gesellschaftspolitische Entwicklungen wie die seit den 50-er Jahren stark gestiegene Berufstätigkeit der Frauen haben dazu beigetragen, dass es mittlerweile in Deutschland Kinder gibt, die nicht wissen, dass Pommes Frites aus Kartoffeln gemacht werden, weil sie sie nur als fertiges Produkt aus der Tiefkühltruhe kennen.

Convenience food existiert in Syrien nur in Ansätzen und der Fleischpreis, der sich auf dem Markt bildet, steht noch in Beziehung zu den Aufzuchtbedingungen.

Auch junge SyrerInnen lieben fast food. Trotzdem gibt es in Syrien bis zum heutigen Tag keine Zweigstelle der sonst omnipräsenten Kette McDonalds.

Was also essen syrische Teenager, wenn sie außer Haus mit ihren Freunden essen?

Hamburger und Pommes Frites sind sehr beliebt, werden aber in kleinen Lokalen und an Ständen von den Betreibern nach ihren eigenen Vorstellungen erzeugt.
Dies führt dazu, dass kein Hamburger wie der andere schmeckt und auch sehr gute regionale Varianten wie z.B. ein Hamburger mit Hühnerleber angeboten werden.
Italienische Restaurants mit Pizza und Pasta stehen ebenfalls hoch im Kurs. Gekocht wird auch hier mit viel frischem Gemüse.

Das nationale fast food aber ist Felafel.

Die frittierten Kichererbsenbällchen mit Gemüse in Brot scheinen das ganze Land am Laufen zu halten. Sie werden an verschiedenen Ständen oft sehr unterschiedlich gewürzt und beweisen, dass fast food schmackhaft, frisch und gesund sein kann.

Sollten die Felafelstand Betreiber je in Streik treten, dürfte das syrische Alltagsleben recht schnell zusammenbrechen.

Die Mediziner in den hochindustrialisierten Ländern des Nordens, die wegen der bei uns verbreiteten Ernährungsgewohnheiten ständig mahnen und warnen, müssten sich vor diesem Konzept eigentlich verbeugen.

In der Türkei und in Syrien gibt es eine reichhaltige Tradition fleischloser Küche und den ausgeprägten Wunsch, ein Essen, das gemeinsam mit Kollegen, Freunden oder Familie eingenommen wird, so angenehm und entspannend wie möglich zu gestalten.

Gegessen wird selten allein!

Auch beim Einkaufen an einer bestimmtem Art von „Gebäckstand“ wartet man oft mit vielen anderen. Die Leute wissen eben, wann wieder frische Teile aus dem Ofen geholt werden. Es riecht so gut und häufig ist das offene Feuer sichtbar. Vom Kneten der Teigbällchen bis zum Belegen der kleinen Fladen ist jeder Arbeitsschritt für die Kunden sichtbar. Vertrauen durch Transparenz und ganz ohne DIN Norm, hurra!

Und auch hier gilt: viel Teig und der Belag ist nur eine Draufgabe, ganz entgegen dem amerikanischen Pizzaprinzip, Belag ist alles, der Teig dient nur der Servierbarkeit.
Gibt es eigentlich in Amerika schon Pizza ohne Teig?

Interessant ist auch, dass Syrien als einziges arabisches Land unabhängig von Nahrungsmittelimporten ist.

Bei einem Besuch eines Restaurants am Fusse des Berges Keysun fanden wir auf der Karte ein Gericht namens Nutilla Salad. Ein Salat aus Nutella?

Was uns dann serviert wurde, war ein Kunstwerk. Rund um eine große Portion Nutella waren frische Früchte, Schokoladeneis, Schlagobers, Grenadinesirup und Pistazien arrangiert. Womit die Syrer bewiesen hätten, dass man sogar aus Nutella mit viel Fantasie etwas Köstliches erschaffen kann.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ist wohl kein Verlust, dass es kein McDonalds gibt. Schön, dass es anders und auch fleischlos geht. Sehr sinnlich diese kulinarische Beschreibung. LGM